Die Ausbildungszahlen im bayerischen Schreinerhandwerk sind in den letzten Jahren gestiegen. Die Anstrengungen zur Nachwuchswerbung lohnen sich also – eine sehr positive Entwicklung vor dem Hintergrund des immer größer werdenden Fachkräftemangels. Dennoch bilden immer weniger Betriebe tatsächlich aus. In manchen Regionen gibt es mehr interessierte Jugendliche als Lehrstellen. Damit wird die positive Entwicklung des Gewerks mittelfristig in Frage gestellt. Vor diesem Hintergrund wurde vom FSH Bayern die Kampagne AUSBILDERSTOLZ ins Leben gerufen.
Ziel der Kampagne ist es, die Ausbildungsleistung der Innungsbetriebe stärker nach außen zu tragen. Denn die Betriebe, die sich für die Ausbildung engagieren, dürfen wirklich stolz auf ihre Leistung sein. Wenn dieses Engagement stärker geschätzt wird – durch die Öffentlichkeit und die Branche insgesamt – kann das auch dazu führen, dass sich wieder mehr Unternehmen in die Ausbildung einbringen.
2019 wurde der Thalhofer Innovationspreis unter das Motto AUSBILDERSTOLZ gestellt. Hier werden die motivierenden Ansätze der Gewinner kurz dargestellt.
Die Schreinerei Holzer in Rettenberg (Innung Allgäu) ist stolz auf ihre Lehrlinge und demonstriert dies auch mit Selbstbewusstsein. „Auf Ausbildung muss man richtig Bock haben“, schwärmt Schreinermeister Stefan Holzer. Damit meint er nicht nur die Motivation der Auszubildenden, sondern auch die der Ausbildungsbetriebe. Denn genau hier sieht er das große Problem: Die Ausbildungsbereitschaft der Schreinerbetriebe sinkt stetig.
In seiner Schreinerei zeigt sich die Leidenschaft und die Freude an der Ausbildung sowohl beim Ausbilder als auch beim Auszubildenden. Die Schreinerei Holzer, gegründet 1901, wird aktuell in der 4. Generation geführt. „Und bei uns wurde schon immer ausgebildet“, so Holzer. Aktuell beschäftigt er je einen weiblichen und männlichen Lehrling, sowie fünf Facharbeiter, davon zwei Schreinergesellinnen. Mit besonderem Stolz spricht er in diesem Zusammenhang von seinen drei „Mädels“ in der Fertigung.
Wir leben Ausbildung!
„Wissen ist nur etwas Wert, wenn man es auch teilt.“ Es macht unheimlich viel Spaß, sich mit jungen Lehrlingen auseinanderzusetzten. Dies führt zu neuen Denkweisen – auch bei sehr erfahrenen Mitarbeitern. Bei Holzer findet immer ein fachlicher Austausch statt. Die bessere Idee gewinnt. Auf diese offene Betriebskultur alle sehr stolz.
Woher kommen seine Lehrlinge?
Holzer nimmt mit seinen aktuellen Auszubildenden auf regionalen Lehrstellenbörsen teil. Zusätzlich ermöglicht er Schulklassen aus Mittel- und Realschulen Betriebsbesichtigungen in seiner Schreinerei in Rettenbach. Der Einstieg in eine Schreinerlehre erfolgt dann immer über ein Praktikum. In manchen Ferienwochen hat er drei Praktikanten gleichzeitig. Jedes Jahr hat er bis zu zehn relevante Bewerbungen!
Was macht seine Lehrlinge so besonders?
Die Azubis zeigen auf sozialen Netzwerken stolz ihre Werke. Sie nutzen dazu einen eigenen Instagram Kanal, der nicht nur andere Jugendliche, sondern auch Kunden anspricht. Das motiviert, spornt an und unterstreicht die Wertschätzung der Ausbildung.
Was traut er seinen Auszubildenden zu?
Natürlich dürfen Lehrlinge auch Fehler machen. Sie werden bei der Schreinerei Holzer schnell eigenverantwortlich tätig und haben bei Unsicherheiten und Fragen jederzeit einen Ansprechpartner. „Lernen durch Scheitern“, ist das Motto. Holzer ermuntert seine Azubis dazu, es immer wieder zu versuchen.
Holzer ist stolz auf seine Azubis wie kaum ein anderer. Stolz darauf, wie sie mit ihren Aufgaben wachsen. Er fordert und fördert so gut wie irgend möglich. Regelmäßig sprechen ihn Kunden darauf an, dass sie es gut finden, wie seine Gesellen die Lehrlinge auf der Montage einbinden, ihnen etwas erklären und zutrauen. Das fällt den Kunden sofort auf und das kommt sehr gut an. „Wir werden in der Region als sehr guter Ausbildungsbetrieb wahrgenommen – auch und gerade von Kunden, die selbst eine Firma führen“.
Ausbildung als Pflicht und Kür!
Stefan Holzer will auch in den nächsten Jahren aus Überzeugung ausbilden und die junge Generation für unseren Beruf begeistern. „Denn wenn wir Bock darauf haben, haben es unsere zukünftigen Lehrlinge auch!“ Die Schreinerei Holzer lebt einfach ihren AUSBILDERSTOLZ.
Die Schreinerei Korder in Insingen (Innung Rothenburg ob der Tauber) ist stolz auf ihre Ausbildung, auf die Leistung und Motivation ihrer Lehrlinge und Mitarbeiter und auch auf den hervorragenden Zusammenhalt. „Wir sind auch stolz, dass unsere Mitarbeiter nach der Ausbildung dem Betrieb noch lange erhalten bleiben“, so die Unternehmer Rainer und Claudia Korder. Diese Bindung an den Betrieb verdanken sie nicht zuletzt der Förderung und Unterstützung, die sie ihren Mitarbeitern zuteilwerden lassen.
Ausbildung mit dem Ziel der Betriebsbindung
Wichtig ist die gute Atmosphäre im Betrieb und die Würdigung der Leistung – nicht nur finanziell. 80 Prozent der Mitarbeiter bei Korder sind bereits länger als zehn Jahre im Unternehmen tätig. Interessante und komplexe Aufträge helfen, die Mitarbeiter zu binden. Aber auch die Auszubildenden werden angehalten, ihre Ideen mit einzubringen. So gelingt es, ein ausgewogenes Verhältnis aus langjähriger handwerklicher Erfahrung und frischen neuen Denkansätzen zu schaffen.
Ausbildung sichert die Zukunft des Unternehmens
Ausbildung ist ein nicht zu verleugnender Kostenfaktor im Betrieb, dennoch sieht es das Ehepaar Korder als Notwendigkeit, für qualifizierten Nachwuchs im Betrieb zu sorgen. Die beiden richten den Fokus auf Qualifizierung und Fortbildung der Mitarbeiter und sichern so die Qualität der Arbeit und damit den Fortbestand der Schreinerei. „Wir bilden nicht nur aus, um Pokale zu sammeln. Wir bilden aus, um die Qualität in unserer Werkstatt ganz oben zu halten. Wir haben oft sehr anspruchsvolle Kunden. Da ist eine hervorragende Ausbildung unsere Rückversicherung.“
Ausbildung bietet Motivation und Bestätigung
Wenn auf hohem Niveau gearbeitet und die Baustelle einwandfrei übergeben wird, dann sind das die besten Referenzen. Gut ausgebildete Gesellinnen und Gesellen sind große Vorbilder für die Azubis.
Die Lehrlinge der Firma Korder machen immer wieder durch herausragende Platzierungen bei den Leistungswettbewerben von der Innungs- bis zur Bundesebene von sich reden.
Auf diese Ausbildungsbilanz kann man stolz sein! Seit 1970 wurden in der Schreinerei Korder 61 Lehrlinge ausgebildet. Davon wurden
Ausbilden heißt Persönlichkeit bilden
„AUSBILDERSTOLZ bedeutet für uns, stolz zu sein auf die Tradition unserer Ausbildung – und darauf, neben dem handwerklichen Know-how auch die Persönlichkeit zu schulen. Hierzu gehören Werte wie Pünktlichkeit, Sorgfalt, Ordnung und Ehrlichkeit.“ Ausschlaggebend bei der Bewerberauswahl ist daher neben gute Schulnoten auch das soziale Verhalten. Voraussetzung für ein gutes Miteinander zwischen Beschäftigten und Arbeitgeber ist die Teamfähigkeit, ein freundliches Wesen und ein gutes Erscheinungsbild aber auch Zuverlässigkeit, Ehrlichkeit und Loyalität. Eine wichtige Rolle spielen dabei die Eltern. „Geben diese ihren Erziehungsauftrag vorzeitig ab, gibt es meist Probleme.“
Ausbildung bedeutet die Weitergabe von grundlegendem Wissen
„Regelmäßig wird uns die Ehre zu Teil, als Ausbildungsbetrieb der Kinder von Schreinerkollegen gewählt zu werden. Das bedeutet die höchste Anerkennung und Wertschätzung unserer Ausbildung. Wir dürfen uns daher voller Stolz Teil des Fortbestandes des Schreinerhandwerks in der Region nennen.“
Anerkennung durch die Öffentlichkeit wichtig
Der hohe Ausbildungsstandard und die Erfolge der Nachwuchsschreiner sind durchaus Thema in der Unternehmenskommunikation und werden auch von der lokalen Presse immer wieder aufgegriffen. Diese positive Berichterstattung sorgt dafür, dass die Schreinerei Korder nicht nur in der Branche selbst, sondern auch in der gesamten öffentlichen Wahrnehmung einen sehr guten Stand hat.
Die Schreinerinnung Kulmbach mit ihrem Obermeister Jürgen Bodenschlägel an der Spitze, ist äußerst aktiv und motiviert bei der Ansprache der Jugendlichen aber auch der Ausbildungsbetriebe. Dieses überdurchschnittliche Engagement soll auch dazu beitragen, den örtlichen Berufsschulstandort zu sichern. Denn dessen Wegfall würde die Bemühungen der Nachwuchswerbung unter den Jugendlichen massiv erschweren und damit letztlich auch die Ausbildungsbereitschaft der Unternehmen negativ beeinflussen. Insofern ist es auch wichtig, dass die Innungsaktivitäten nicht nur bei den Jugendlichen Interesse wecken, sondern auch den Betrieben gezeigt wird, dass sie nicht alleingelassen, sondern von der Innung aktiv unterstütz werden.
Kreativwettbewerb – Kernstück der Lehrlingsakquise
Hier geht es gezielt darum, bei den Schülern das Interesse für den Beruf des Schreiners zu wecken und ihnen die Möglichkeit zu geben, mit einfachen Mitteln ihre Kreativität und das handwerkliche Geschick zu erproben. Die Frage lautet: Was macht man, wenn man vor einem Trümmerhaufen steht? Dazu ist die Innung schon seit Jahren an den örtlichen, allgemeinbildenden Schulen unterwegs und verteilt Taschen mit unterschiedlichen Holzresten. Die Aufgabe der Acht- und Neuntklässler ist es, daraus etwas Kreatives zu gestalten. Die Aufgabenstellung mag auf den ersten Blick nicht unbedingt mit dem strukturieren und planvollen Handeln in der Schreinerei in Einklang zu bringen sein, ist aber durchaus zielführend und führt zu überraschenden, teils unkonventionellen, aber durch die Bank hoch erfreulichen Ergebnissen. Es ist unglaublich faszinierend, welche Dimensionen das jedes Jahr annehmen kann. Aus rund 60 Teilnehmern wählt eine unabhängige Jury die zehn besten Stücke aus. Diese werden im Rahmen der Ausbildungsmesse prämiert und erhalten Geld- sowie Sachpreise. Sind Schüler noch unentschlossen bezüglich ihrer Berufswahl, kann dieser Wettbewerb eine willkommene Entscheidungshilfe darstellen. Laut Jürgen Bodenschlägel entscheiden sich jährlich zirka zehn Schüler im Anschluss an diesen Wettbewerb für eine Ausbildung im Schreinerhandwerk.
Junioren Team
„Jung und frisch“ oder „Jung und Jung gesellt sich gern“, könnte man diese Initiative überschreiben, die als großes Erfolgsrezept gilt. Das 2015 gegründete Juniorenteam der Innung besteht aus dem Nachwuchs einiger Unternehmerfamilien und soll die Lehrlingswerbung ankurbeln und somit die Zukunft der Schreinerinnung Kulmbach sichern. Sechs Frauen und zwölf Männern bewerben den Beruf des Schreiners auf verschiedenen Veranstaltungen, welche sie speziell in diesem Sinne organisieren oder unterstützen. Zu nennen sind hierbei die Walderlebnistage, der „Autofreie Sonntag“, die Ausbildungsmesse, die Aktion „Girls Day“ sowie die Berufsmesse in der Handwerkskammer. Damit ist nicht nur der „Generationenabstand“ zwischen den Jugendlichen und den Profis aus dem Handwerk geringer, es werden auch zahlreiche Unternehmen direkt in die Aktionen eingebunden.
Gestaltungskurs für Auszubildende und Gesellenstückausstellung
Es steht jedoch nicht nur die Ansprache von Schülerinnen und Schülern im Mittelpunkt. Auch der Schreinernachwuchs selbst, die Lehrlinge in den Unternehmen, sind für die Innung Kulmbach ein hohes Gut. Sie werden daher tatkräftig in ihrer Entwicklung unterstützt und damit auch den Ausbildungsbetrieben eine konkrete Hilfestellung gegeben. Da neben handwerklichen Fähigkeiten und theoretischem Fachwissen auch gestalterisches Know-how einen erfolgreichen, gefragten Schreiner ausmachen, wird den Lehrlingen beim Entwurf des Gesellenstückes unter die Arme gegriffen werden. So fand 2019 erstmalig ein zweitätiges Gestaltungsseminar statt. Angelika Graf und Florian Klein, Mitarbeiter des FSH Bayern, durften mit großer Begeisterung den überaus interessierten Teilnehmern die Grundlagen der Gestaltung erläutern und mit ihnen neuartige Materialien durchstöbern. Das Gelernte konne direkt in einem Miniprojekt in Kleingruppen erarbeitet und vor allen Teilnehmern präsentiert werden. Besonders erfreulich waren die rege Teilnahme und die positive Resonanz der anwesenden Ausbilder und Lehrkräfte.
In diesem Kontext sind natürlich auch die Wettbewerbe, wie beispielsweise Die Gute Form, immer ein den Ehrgeiz junger Leute (und häufig auch der Ausbildungsbetriebe) entfachender Beweggrund, den es im Hinblick auf eine erfolgreiche Ausbildung zu nutzen gilt. Daher wird Die Gute Form von der Innung auch konsequent jedes Jahr im Berufsschulzentrum durchgeführt.